Wer stellt die Weiche um? Die Tugendethik der Philippa Foot

Veröffentlicht am 22. Juni 2024 um 21:48
einfaches und klares Piktogramm bestehend aus einem Buch, einem Weg und einem Symbol für ein „gutes“ Leben.

Philippa Foot, ein Name, bei dessen Erwähnung Ihre Gesprächspartner nicht gleich in Begeisterungsstürme ausbrechen, sondern Sie eher fragend anschauen werden, gehört einer Philosophin des 20. Jahrhunderts, die eines der bekanntesten Gedankenexperimente formulierte und mit ihrer Tugendethik eine wichtige Alternative zu den dominierenden ethischen Theorien des Utilitarismus und der deontologischen Ethik formulierte. Wie alles begann...

Intro

Philippa Foot wurde 1920 in England geboren und studierte Philosophie am Somerville College in Oxford. Sie war eine der führenden Philosophinnen ihrer Zeit und trug maßgeblich zur Moralphilosophie bei. Sie lehrte an verschiedenen renommierten Universitäten und veröffentlichte zahlreiche einflussreiche Arbeiten. Sie verstarb am 03. Oktober 2010 in Oxford, UK.

Philosophisches Werk

Foots' Hauptwerk, 'Virtues and Vices' (1978), ist eine Sammlung von Essays, die ihre Überlegungen zur Tugendethik zusammenfassen. Sie argumentiert, dass moralische Tugenden zentrale Aspekte eines guten Lebens sind und dass moralische Urteile auf der menschlichen Natur und unseren gemeinsamen Lebensbedingungen basieren. Foot stellt sich gegen die Idee, dass moralische Prinzipien absolut und universell gelten müssen, wie es der Utilitarismus und die deontologische Ethik vorschlagen.
Ein weiteres bekanntes Werk von Foot ist 'Natural Goodness' (2001), in dem Foot die These entwickelt, dass moralische Urteile auf einer natürlichen Grundlage beruhen und in Bezug auf das gute Funktionieren von Menschen verstanden werden können.

Das Trolley-Problem

Philippa Foot entwickelte mit dem  Trolley-Problem ein berühmtes Gedankenexperiment, um moralische Dilemmata zu illustrieren. Dieses Gedankenexperiment wird oft verwendet, um verschiedene ethische Theorien zu testen und zu diskutieren. Im deutschen Sprachraum ist es als 'Weichenstellerfall' bekannt.

Die Fassung von Foot aus dem Jahr 1967 lautet:

'Eine Straßenbahn ist außer Kontrolle geraten und droht, fünf Personen zu überrollen. Durch Umstellen einer Weiche kann die Straßenbahn auf ein anderes Gleis umgeleitet werden. Unglücklicherweise befindet sich dort eine weitere Person. Darf - durch Umlegen der Weiche- der Tod einer Person in Kauf genommen werden, um das Leben von fünf Personen zu retten?'
Am Trolley-Problem werden elementare Unterschiede zwischen utilitaristischen und deontologischen Theorien verdeutlicht. Ein Vertreter einer utilitaristischen Position würde durch Umstellen der Weiche die fünf Leben auf Kosten des einen retten, da in der Summe weniger schlechte Konsequenzen auftreten.

Innerhalb der Pflichtethik veranschaulicht das Trolley-Problem die Differenz zwischen positiven und negativen Pflichten. Die Weiche umzustellen würde der -meist als schwächer eingestuften- positiven Pflicht, andere zu retten, entsprechen, jedoch die -meist stärker bewertete- negative Pflicht verletzen, niemanden umzubringen.

Rezeption und Einfluss

Foots' Wiederbelebung der Tugendethik hat andere bedeutende Philosophen beeinflusst, darunter Alasdair MacIntyre und Martha Nussbaum. Ihre Arbeit hat dazu beigetragen, die Diskussion über Tugenden und moralische Charakterbildung neu zu beleben und bleibt ein wichtiger Bestandteil der modernen Ethik.

Im Vergleich zu anderen ethischen Theorien wie dem Utilitarismus, der den größten Nutzen für die größte Anzahl anstrebt, oder der deontologischen Ethik, die auf universellen moralischen Prinzipien basiert, legt Foots' Tugendethik den Fokus auf den Charakter und die Tugenden des Individuums. Ihre Betonung der menschlichen Natur als Basis für moralische Urteile stellt eine interessante und oft überzeugende Alternative dar.

 

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